Wertfreiheit

Wertfreiheit
wert|frei <Adj.>:
nicht wertend, ohne Werturteil:
eine -e Bezeichnung.
Dazu:
Wert|frei|heit, die.

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Wertfreiheit,
 
1) allgemein: Position, die davon absieht, Gegenstand, Gang und Ergebnis des Denkens unter Wertgesichtspunkten zu betrachten.
 
 2) Wissenschaftstheorie und Sozialwissenschaften: wissenschaftstheoretisches und methodologisches Grundprinzip, das im Werturteilsstreit formuliert wurde und einerseits der Abwehr wissenschaftsfremder, als ideologisch eingestufter Ansprüche an die Ziele wissenschaftlicher Erkennens, andererseits der Begründung und Legitimation einer die Sozialwissenschaften auszeichnenden eigenständigen »objektiven« Erkenntnis des Gesellschaftlichen dienen soll. Im Rückgriff auf M. Weber fordert die Orientierung an der Idee der Wertfreiheit, die Zielbestimmungen wissenschaftlichen Forschens, den Entwurf und den Ablauf eines sozialwissenschaftlichen Forschungsprozesses und die Auswertung der Ergebnisse zunächst nach wissenschaftsimmanenten Rationalitätskriterien zu betreiben und hiervon die Wertsetzungen des Forschers, der politischen Parteinahme und den Einfluss kultureller oder ideologischer Muster zu trennen. Während in der Folge eine hieran ansetzende positivistische Forschungsrichtung die Selbstbeschränkung auf die Feststellung empirischer Tatsachen und die Überprüfung falsifizierbarer Hypothesen zum alleinigen Maßstab der Wissenschaftlichkeit sozialwissenschaftlichen Forschens erheben wollte, haben Kritiker unterschiedlicher theoretischer Herkunft (Wissenssoziologie, Hermeneutik, Frankfurter Schule, Marxismus) auf die Verschränkung von Werturteilen und Erkenntnis hingewiesen, wobei sich die Positionen zwischen der Leugnung einer objektiven Erkenntnis und einer methodischen, selbstkritischen Reflexion auf die in den eigenen Annahmen enthaltenen Wertsetzungen und deren methodische Eingrenzung bewegen. H. Albert unterscheidet zwischen einem Objektbereich, in dem auch sozial bestimmte Werte als Thema der Soziologie in Betracht genommen werden können, einem Wertbasisbereich - dem Tatbestand, dass jedem soziologischen Forschen bestimmte Wertentscheidungen zugrunde liegen müssen - und einem Aussagebereich, d. h. der Frage, inwieweit sozialwissenschaftliche Aussagen selbst einen Werturteilscharakter annehmen müssen.
 
 
W. Ehrlich: Hauptprobleme der Wertphilosophie (1959);
 W. Köhler: Werte u. Tatsachen (a. d. Engl., 1968);
 G. Myrdal: Das Wertproblem in der Sozialwiss. (a. d. Engl., 21975);
 R. König: Einige Überlegungen zur Frage der »Werturteilsfreiheit« bei Max Weber, in: R. König: Soziologie in Dtl. (1987);
 O. Rammstedt: W. u. Konstitution der Soziologie in Dtl., in: Ztschr. für Soziologie, Bd. 17 (1988);
 M. Weber: Ges. Aufss. zur Wiss.-Lehre (71988);
 
Logik der Sozialwiss.en, hg. v. E. Topitsch (121993).

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Wert|frei|heit, die: das Wertfreisein.

Universal-Lexikon. 2012.

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